Was mir mal in der Türkei passiert ist (Urlaub 2000)

Was mir mal in der Türkei passiert ist (Urlaub 2000)

Beitragvon Andi » So 17. Jan 2010, 23:16

Ein Freund (auch ehemaliger Arbeitskollege) von mir hat in Konaklý (12 km vor Alanya) ein Haus, in dem er sein Rentendasein verbringen möchte. Im Jahre 2000 war dieses Haus noch nicht fertig eingerichtet. Er fragte mich, ob ich nicht mitfahren möchte, er bräuchte jemanden, der mit ihm da hinfährt, weil er mit dem Auto fahren wolle, um Einrichtungsgegenstände von hier mitzunehmen. Natürlich wollte und fuhr ich mit.
Wegen der noch andauernden Unruhen in Jugoslawien, beschlossen wir, über Italien und Griechenland zu fahren. Wir fuhren los nach Italien. Bei Füssen erreichten wir Österreich. In der Nacht überquerten wir die Alpen. Über die Brennerautobahn ging´s weiter nach Italien. In Italien bemerkte ich zum ersten Mal die Strapazen einer so langen Autofahrt und wurde extrem müde. Mein Kumpel ließ sich von meiner Müdigkeit anstecken, so dass eine Pause erforderlich wurde. So richtig wirklich konnte ich aber nicht schlafen.
Nach 27 Stunden erreichten wir Brindisi, von wo aus die Fähre nach Griechenland geht. Zunächst mußten wir das Fährbüro in der Stadt aufsuchen, um die vorgebuchten Tickets abzuholen. Das Büro zu finden, war etwas schwierig, weil die Hauptstraße in Brindisi gesperrt war. Auf der Umleitungsstrecke kam ich mir vor, wie in einem schlechten italienischen Film. Stau, es ging steil bergauf, enge Gasse und zwischen den stehenden Autos fuhren die Italiener mit ihren Vespas durch. Italien pur.
Am nächsten Tag lief die Fähre nach Griechenland aus, Fahrzeit: 9 Stunden. Zeit genug, um auf Deck ein bißchen zu relaxen und ein Nickerchen zu machen. Ein kräftiger Sonnenbrand bei mir war die Folge.
Gegen Abend erreichten wir Iguminitia / Griechenland. Bisher hatten wir fast nur Autobahn gehabt, nun ging es über kurvenreiche Bergstraßen. Es wurde dunkel. Irgendwie war ich auch froh, dass die Fahrt über eine so kurvenreiche Strecke verlief, dass war nicht so einschläfernd. Andererseits konnte man auf dieser Straße nicht besonders schnell fahren. Ich fuhr, was die Straße hergab, bis vor mir zwei Fahrzeuge aus der Schweiz auftauchten. Ich dachte nur: "Klasse, die kennen sich in den Bergen aus. Da hänge ich mich dran." Ich fuhr hinter den beiden immer mit gleicher Geschwindigkeit her. Die Fahrt ging nun ziemlich flott durch die Berge. Irgendwann hielten die Schweizer rechts an und ließen mich vorbei fahren. Mist, wieder allein durch die Berge. Ob die entnervt waren ? Die Fahrt ging aber ohne Probleme weiter.
Am Nachmittag des nächsten Tages erreichten wir die türkisch / grieschische Grenze. Am griechieschen Grenzposten liessen uns die Beamten eine halbe Stunde warten, bis sich einer bequemte, uns abzufertigen. Dann ging es über eine sehr schmale Brücke auf die türkische Seite. Vor dem türkischen Grenzkontrollen viel mir ein schwer bewaffneter Grenzsoldat auf. Mein Kumpel erklärte mir, die Türkei ist auch heute noch ein Militärstaat. Aah ja. Nun gut, die türkischen Grenzbeamten waren sehr nett und freundlich. Nachdem wir unser Auto angemeldet und im Reisepass eintragen haben lassen und wir unsere Einreisestempel in den Pässen hatten ging die Fahrt weiter. Diese griechisch / türkische Grenze war übrigens die einzige auf dieser Fahrt mit Kontrollen. Die Route führte uns bei Lapseki über die Dardanellen, wo uns eine Fähre in 20 Minuten auf die asiatische Seite brachte. Weiter ging es nach Balikisihir. Bis dahin war die Straße gut und schnell befahrbar. Aber dann ...
Von Balikisihir bis Uþak sind es ca 210 km. Normalerweise kein Problem. Bei einer vernünftigen Straße ...
Aber, was wir vorfanden, spottet jeder Beschreibung. Was in Deutschland als ein etwas besserer Feldweg bezeichnet würde, ist dort eine Durchgangsstraße. Schlagloch an Schlagloch. Kurve an Kurve. Die Straße als solches nicht breiter, dass wir mit unseren Trafik Probleme mit entgegenkommenden LKW´s oder Bussen hatten. Und die kamen reichlich. Durch die vielen Kurven und Serpentinen waren die erst sehr spät zu sehen. Zumal es Nacht war. Leitplanken ? Fehlanzeige. Die Lichtkegel unserer Scheinwerfer endeten irgendwo über dem Abgrund im Nirvana. Aufgrund des katastrophalen Zustandes der Straße erschien mir eine Geschwindigkeit von ca 30 km/h mehr als ausreichend, wollten wir nicht zu sehr durchgeschaukelt werden. Auch wollten wir nicht, dass unser Gepäck und Ladung nicht durcheinander fliegt. Die geringe Geschwindigkeit hatte zur Folge, dass nun auch Busse von hinten kamen und uns überholten. Es wurde jedesmal eng, sehr eng.Rechts der Abgrund, links die Berge. Und alle 10 km eine Entfernungstafel, auf der stand: "Uþak 180 km" , "Uþak 170 km" usw.
Bei einer Geschwindigkeit von ca 30 km/h ist das sehr zermürbend und frustrierend. Irgendwann hatte ich so die Schnautze voll, dass ich einfach stehen geblieben bin und meinem Kumpel sagte: "Ich fahre nicht mehr weiter!"
Mein Kumpel schlug vor, bis zur nächsten Ortschaft zu fahhren und dort erst mal Pause machen, schlafen und im hellen weiterzufahren. "Mir egal", sagte ich. Ich nahm auf den Beifahrersitz platz, schlief ein, er fuhr weiter. In der nächsten Ortschaft machten wir dann Pause und versuchten zu schlafen. Mein Kumpel konnte aber nicht schlafen und fuhr dann irgendwann in der Nacht noch weiter. Ich bemerkte dies zwar, reagierte aber nicht drauf. Noch bevor es hell wurde, erwachte ich wieder. Mein Kumpel sagte mir, dass die schlechte Straße noch ca 40 km so weiterging, dann wurde die Straße wieder besser. Na klasse, ich den größten schlechten Teil, er den überwiegenden guten Teil. Wir erreichten Usak, später Afyon. Kurz vor Afyon ging es rechts ab nach Antalya. Irgendwann schlief ich wieder ein. Bei Isparta machte ich kurz die Auge auf und sah auf einen ziemlich tief gelegenen See. Dann schlief ich weiter und bekam nichts mehr mit. Gegen 14 Uhr weckte mich mein Kumpel und meinte, er müsse erst mal was essen, dann solle ich weiterfahren. Er sagte auch, dass wir schon an Antalya vorbei sind. Na klasse. Eigentlich kein Problem, aber ich malte mir im Geiste die Ortsdurchfahrt von Manavgat aus. Sehr chaotisch. Dort muß man seine Augen überall haben, um nicht mit jemanden zusammen zu stoßen oder jemanden um zu fahren. Aber, nach der Pause fuhr ich dann weiter. Aber was war das ? Wir brauchten gar nicht mehr durch Manavagt, die Umgehungsstraße war fertig. Sechsspurig und in einem superguten Zustand. Na, das war mal ein richtiges Highlight auf der Reise. Aber der nächste Dämpfer ließ nicht lange auf sich warten. Wir erreichten unser erstes Ziel: das Haus in Konaklý. Es hatte in den Tagen zuvor sehr viel geregnet. Mein Kumpel wollte, dass ich mit dem Wagen zum Entladen auf sein Grundstück fuhr. Tat ich auch. Hätte ich es lieber gelassen, ich fuhr den Wagen auf dem völlig aufgeweichten Grundstück fest. Na klasse. Nun war ich richtig angefressen. Das war etwas, was mir nun noch absolut gefehlt hat. Der Schwager meines Kumpels kam aus Alanya und brachte seinerseits einen Kumpel mit einem Trecker mit. Bloß, dieser hatte kein Abschleppseil. Ein Stück Rundstahl wurde zurecht gebogen und an unserem Auto sowie am Trecker befestigt. Skeptisch boachtete ich das Treiben, aber siehe da, da Wagen wurde tatsächlich freigezogen. Seid dem schätze ich das Improvisationstalent der Türken. Nachdem Ausladen ging es ohne Zwischenfälle weiter in unser Domizil in Alanya. Dort war erst mal Duschen und anschießend ausschlafen angesagt, bevor ein schöner 20-tägiger Urlaub begann.
Die Rückfahrt verlief an der Küste über Pammukale, Selçuk und Troja entlang. Ausser, dass mir in Selçuk meine EC-Karte geklaut wurde, verlief diese Fahrt ruhiger und ohne Zwischenfälle. Die Straßen waren hier tadellos.
Zu Hause in Deutschland allerdings warteten schon die nächsten Highlight´s auf mich. Das Erste: Ich hatte versehentlich die Sicherung meines Kühlschranks rausgedreht. Der Inhalt (Fleisch) war gnadenlos verdorben. Den Gestank habe ich aus den Kühlschrank nie wieder raus bekommen. Den mußte ich entsorgen.
Das Zweite: Mit der geklauten EC-Karte wurden 1000,- DM von meinem Konto abgehoben ... :smilie[143]
Aber der Urlaub war schön !!!
Ich werde nicht alt ! Ich werde besser !! :smilie[131]

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Beitragvon hasbahce » Sa 6. Feb 2010, 00:34

hallo Andi,

ich hätte dich mal gern persönlich kennengelernt, da ich auch ein Abenteurer bin, was Urlaub und Urlaubsfahren anbelangt.

Nun zu deiner langen Fahrt. Ich wäre damals über Istanbul-Ankara (Autobahn) und Konya-Seydisehir-Alanya gefahren. Bis auf Seydisehir-Alanya nur geradeaus und Autobahn. Nicht immer sind kurze Strecken auch schnelle und gute Stecken.

Na ja vielleichten treffen wir uns mal in Alanya, Konya oder Stuttgart.
Deine Filme habe ich mir angeschaut. Super, nur dass indische Musik nicht zur Türkei passt.

Grusss
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Beitragvon Milla » Mo 15. Feb 2010, 18:06

:smilie[168] das war ein sehr interessanter Beitrag. Ich habe ihn verschlungen wie ein gutes Buch. Interessant. In Gedanken war ich dabei. Nur gut das der Urlaub dann trotz allem noch schön war.
Gruss Milla :smilie[135]
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